
Information und Aktion
Zentrale Elemente der Vorbeugung sind die Information, Aufklärung und Unterweisung von Beschäftigten. Im Vordergrund steht dabei die Aufklärung über den Gebrauch und die Wirkung von Suchtmitteln. Außerdem gehört die Information über Grenzen des verantwortungsvollen Konsums sowie über Risiken des regelmäßigen Konsums oder Missbrauchs dazu. Weiterhin wird auch über suchtbedingte Verhaltensweisen und über Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten informiert.
Das übergreifende Ziel der Mitarbeitendeninformation ist die Vermeidung bzw. Reduzierung von gesundheitsriskanten Verhaltensweisen und die Stärkung der Gesundheitskompetenz. Dabei geht es auch um die Einsicht, dass nicht nur im Kontext der jeweiligen Arbeitssituation sondern auch im persönlichen und sozialen Umfeld ein verringerter Suchtmittelgebrauch einen großen Nutzen mit sich bringt.
In der Regel richten sich die Informationen und Aktionen an alle Mitarbeitenden. Bei Bedarf werden ergänzende Angebote für bestimmte Zielgruppen gemacht. Das können z. B. Auszubildende, Führungskräfte, Frauen, Männer, bestimmte Nationalitäten oder bestimmte Berufsgruppen sein.
Die Information von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfolgt häufig über Informationsmaterialien oder über das Intranet des Unternehmens. Dazu gehören z. B. Flyer und Broschüren, die neben Informationen über Suchtverhalten und Suchtstoffe auch Informationen über begleitende Aktionen des Betriebes enthalten können oder Hinweise auf Aktionstage, Seminare oder Entwöhnungskurse sowie die Onlineanwendung eines „Stresscoachs“.
Aktionen dienen neben den Informationsmaterialien ebenfalls der Vorbeugung und Prävention und sind häufig Bestandteile von Gesundheits- und Präventionsprogrammen.
Weitere Informationen zum Thema Öffentlichkeitsarbeit und Marketing gibt es unter folgendem Link:
https://www.sucht-am-arbeitsplatz.de/suchtprogramm/oeffentlichkeitsarbeit
Eine Möglichkeit der Mitarbeitendeninformation ist die Erstellung und Verbreitung von Materialien. Das sind in der Regel gedruckte Flyer, Broschüren oder Informationsblätter.
Unternehmen können auf vorhandene und frei verfügbare Materialien zurückgreifen. Um sicherzugehen, dass es sich um fachlich gesicherte Inhalte handelt, sollten die Veröffentlichungen seriöser Institutionen genutzt werden. Dazu gehören zum Beispiel Materialen, die von der DHS und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) entwickelt wurden.
Einen Überblick über das umfangreiche Informationsmaterial finden Sie unter dem Menüpunkt Hintergrundinformationen.
Auch kommerzielle Anbietende bringen Informationsmaterialien über Suchtverhalten, Suchtmittel und den Umgang mit Suchtproblemen am Arbeitsplatz auf den Markt. Grundsätzlich gilt auch für diese Materialien, dass die hier genannten Qualitätskriterien erfüllt sein sollten. Unternehmen, die sich entscheiden auf kostenpflichtige Materialien zurückzugreifen, sollten sich eingehend über die Qualität der Anbietenden informieren und auf eine möglichst transparente Eigendarstellung achten. Denn hinter käuflichen Angeboten verbergen sich mitunter auch unseriöse und zweifelhafte Geschäftspraktiken: Immer wieder wird versucht, aus der Suchtproblematik Kapital zu schlagen. Dabei wenden sich Herausgebende von Informationsmaterialien (mit wechselnden Titeln) an Firmen und Institutionen mit der Bitte, ihre Aufklärungs-Magazine zu abonnieren. Die Inhalte dieser Magazine sind häufig reißerisch aufgemacht, dienen aber weder der seriösen Sachaufklärung noch enthalten sie Informationen, die nicht über die kostenlosen Informationsschriften aus dem Gesundheitsbereich (DHS, Krankenkassen, Gesundheitsministerien, BZgA) zu beziehen wären.
Mitarbeitendeninformationen werden durch Aktionen im Betrieb ergänzt.
Für Information und Aufklärung eignen sich einmalige oder regelmäßige Aktionstage. In Unternehmen und Behörden können spezifische „Gesundheitstage“ zur Information über Suchtmittel durchgeführt werden.
Einen Rahmen für solche Aktionstage bietet die alle zwei Jahre durchgeführte „Aktionswoche Alkohol“. Unternehmen und Behörden können sich mit einer eigenen Veranstaltung beteiligen. Unter dem Motto „Alkohol? Weniger ist besser!“ erhalten sie für ihre Aktionen kostenlose Informations- und Kampagnenmaterialien der DHS.
Mehr Informationen und Anregungen zur Veranstaltungsdurchführung finden Sie unter www.aktionswoche-alkohol.de und www.facebook.com/aktionswochealkohol.
Als weiteres Programm ist Prev@WORK zu nennen:
Prev@WORK ist ein seit 2008 erprobtes und ganzheitlich orientiertes betriebliches Suchtpräventionsprogramm und wurde von der Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH entwickelt und im Rahmen eines Bundesmodellprojektes erfolgreich evaluiert und auf Übertragbarkeit geprüft. Es wird in der Grünen Liste Prävention empfohlen und seit 2018 von unserem Kooperationspartner SuchtSchweiz adaptiert und umgesetzt.
Die drei 3 Säulen des Programms sind: Beratung von Unternehmen, Fortbildungen für Personalverantwortliche und Präventionsseminare für Auszubildende.
Betriebe haben die Pflicht „die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (…) ausreichend und angemessen zu unterweisen“ (§12 ArbSchG). Die betriebliche Suchtprävention kann in diesem Zusammenhang regelmäßige Unterweisungen praxisnah nutzen, um wertvolle Informationen an die Beschäftigten weiterzugeben. Themenschwerpunkte bei diesen Unterweisungen sind die sicherheitsrelevanten Aspekte des riskanten Suchtmittelgebrauchs bzw. suchtgefährdender Verhaltensweisen aber auch die grundsätzliche Vermeidung gesundheitlicher Gefährdungen in der Arbeitssituation.
Kommt es zu Verstößen gegen die Arbeitssicherheit können auch anlassbezogene Unterweisungen stattfinden, in denen individuelles Fehlverhalten adressiert und auf die hiermit verbundenen Gefährdungen für die Arbeitssicherheit hingewiesen wird.
Im Falle einer Neueinweisung oder Aufnahme einer neuen Tätigkeit kann eine Ersteinweisung zur Arbeitssicherheit erfolgen, in welcher über den Umgang mit Suchtmitteln aufgeklärt und auf Angebote zur Suchtprävention hingewiesen wird.
Seminare eignen sich gut für Schulungen von Vorgesetzten und Führungskräften mit Personalverantwortung. Die Qualifizierung für den Umgang mit Betroffenen und auffälligen Beschäftigten lässt sich im Rahmen von Trainings in Seminaren durchführen. Aber auch für andere Zielgruppen können Seminare organisiert werden, in denen sich die Teilnehmenden mit dem eigenen Konsum und Umgang mit Substanzen befassen können.
Punktnüchternheit in der Arbeitswelt heißt: eigenverantwortlicher Konsumverzicht vor und während der Arbeitszeit, um die Arbeitsleistung und Arbeitsqualität zu sichern und die Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Für die Umsetzung sind verbindliche Regeln und Absprachen im Betrieb sowie Gespräche mit den Beschäftigten hilfreich. In erster Linie geht es um eine Selbstverpflichtung aller Beteiligten auf der Grundlage einer innerbetrieblichen Willenserklärung. Punktnüchternheit soll Bestandteil der Betriebskultur werden.
Es gibt gute Gründe für Betriebe, gemäß dem Konzept der Punktnüchternheit, eine Vereinbarung zum vollständigen Alkoholverzicht am Arbeitsplatz abzuschließen. Im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung ist das Konzept der Punktnüchternheit im Betrieb als Unternehmensziel einzuführen. Denn dies ist ein sicherer Weg, Risiken wie erhöhte Unfallgefahren und Störungen von Betriebsabläufen durch Alkoholkonsum zu verringern. Für einige Branchen, wie z. B. im Transportwesen, ist die Einführung der Punktnüchternheit dringend zu empfehlen, so nicht bereits geschehen. Dabei sollte eine Regelung niemals nur für bestimmte Berufsgruppen im Unternehmen gelten sondern für alle Mitarbeitenden, Führungskräfte, Betriebs- und Personalkräfte, Fachkräfte für Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Betriebs- und Werksärzte und -ärztinnen.
Eine Regelung zur Punktnüchternheit unterscheidet sich von einem Alkoholverbot zum einen dadurch, dass es tatsächlich um Nüchternheit bei der Arbeit geht und nicht nur um ein Verbot des Alkoholkonsums während der Arbeitszeit. Wird gegen ein bestehendes Alkoholverbot verstoßen, hat das zum anderen arbeitsrechtliche Sanktionen zur Folge. Wird dagegen die Regel der Punktnüchternheit nicht eingehalten, sollte die Führungskraft ein Klärungsgespräch mit dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin führen und noch einmal auf den Sinn des selbstverantwortlichen Alkoholverzichts und der betrieblichen Regelung verweisen.
Für eine veränderte Betriebskultur ist es entscheidend, dass diese Vereinbarung von allen Beschäftigten gleichermaßen getragen wird. Auch Führungskräfte setzen durch ihr Verhalten Beispiele zum verantwortlichen Umgang mit Suchtmitteln. Ein vorgelebtes Beispiel von selbstverständlicher Nüchternheit am Arbeitsplatz und fürsorglicher Gesprächskultur betont einen gesundheitsorientierten Führungsstil.
Ein betriebliches Bekenntnis zur Nüchternheit am Arbeitsplatz bedeutet auch, dass kein Verkauf von alkoholischen Getränken in der Kantine und kein Alkoholkonsum bei sonstigen Anlässen erfolgt, sondern alkoholfreie Alternativen angeboten werden.
Eine Vereinbarung zur Nüchternheit am Arbeitsplatz sollte deshalb in die Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung aufgenommen werden. Soll die Vereinbarung verpflichtenden Charakter besitzen, so ist eine schriftliche Fixierung zwingend notwendig. Es ist besonders darauf zu achten, dass allen Mitarbeitenden, auch stets allen neu eingestellten, die Vereinbarung bekannt und der Text verfügbar ist.
Lesen Sie hier mehr zum Thema Betriebs-/Dienstvereinbarungen
Viele Unternehmen achten darauf, dass in ihren Kantinen und Cafeterien keine alkoholischen Getränke angeboten werden. Aus Gründen der Arbeitssicherheit und der Suchtvorbeugung sowie als klares Signal und Bekenntnis zu Vereinbarungen wie „Punktnüchternheit im Betrieb“ machen Unternehmen auch dadurch ihre Haltung deutlich, dass Alkoholeinfluss bei der Arbeit nicht akzeptiert wird.
Für Menschen, die nach der Behandlung einer Alkoholabhängigkeit grundsätzlich jeden Alkoholkonsum vermeiden, sind Ratgeber über das Thema „Alkohol in Lebensmitteln“ entwickelt worden, beispielsweise vom Blauen Kreuz in Deutschland. Diese Informationen können Unternehmen nutzen, die Mitarbeitenden mit einer Alkoholproblematik unterstützen möchten.
Literaturempfehlungen
Badura, B. et al. (2013)
Fehlzeiten-Report 2013. Verdammt zum Erfolg - die süchtige Arbeitsgesellschaft?
Zahlen, Daten, Analysen aus allen Branchen der Wirtschaft.
Berlin; Heidelberg: Springer.
Beyer, K. et al. (2004)
Ess-Störungen am Arbeitsplatz. Eine Praxishilfe für Personalverantwortliche und Kollegen
und Kolleginnen
NLS Hannover.
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.) (2008)
Rauchfrei am Arbeitsplatz. Informationen für rauchende und nichtrauchende Beschäftigte.
Köln.
Online Verfügbar: Link zum PDF
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (2020)
Suchtprobleme am Arbeitsplatz. Eine Praxishilfe für Personalverantwortliche.
Hamm.
Online Verfügbar: Link zum PDF
GKV-Spitzenverband (2020)
Leitfaden Prävention - Handlungsfelder und Kriterien nach § 20 Abs. 2 SGB V.
Berlin.
Online Verfügbar: Link zum GKV-Spitzenverband
Heinze, G.; Reuß, M. (2009)
Alkohol-, Medikamenten- und Drogenmissbrauch im Betrieb. Begriffe - Prävention - rechtliche Konsequenzen.
3., neu bearb. Auflage.
Berlin: Schmidt.
Landesstelle für Suchtfragen in Baden Württemberg der Liga der freien Wohlfahrtspflege (2009)
Azubi und Alkohol
Stuttgart.
Online Verfügbar: Link zum PDF
Müller, S. (2020)
Suchtmittel am Arbeitsplatz.
Baden-Baden: Nomos Verlags-Gesellschaft.
Nette, Angelika (1998)
Betriebliche Prävention und Intervention bei Medikamentenproblemen
In: Fuchs, R. et al. (Hrsg.)
Betriebliche Suchtprävention
Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie.
171-181.
Rehwald, R. et al. (2012)
Betriebliche Suchtprävention und Suchthilfe. Ein Ratgeber.
2., überarb. und aktualisierte Auflage.
Frankfurt am Main: Bund-Verlag.
Wienemann, E.; Wartmann, A. (2011)
Die Rolle des riskanten Alkoholkonsums im Stressbewältigungsverhalten von weiblichen Fach- und Führungskräften. Projektbericht.
Hannover: Leibniz Universität.
Online Verfügbar: Link zum PDF