Bauarbeiter mit Sicherheitsgurten und Sicherheitsleinen

Alkohol- und Drogentests

Einige Arbeitgebende sind interessiert daran, in verschiedenen Situationen mit Hilfe von Tests Informationen über den Suchtmittelkonsum von Beschäftigten oder Bewerbenden zu erlangen. Aus unterschiedlichen Gründen werden generelle oder individuelle Tests in Erwägung gezogen.

Alkohol- oder Drogentests sind aber nur in bestimmten Ausnahmefällen bzw. konkreten Situationen ein geeignetes Instrument der betrieblichen Suchtprävention. In der Regel sprechen mehr Gründe gegen als für Tests.

In größeren Unternehmen werden bei Bewerbenden häufig Tests (so genannte Screenings) durchgeführt um den Konsum illegaler Drogen zu überprüfen. Nach eigenem Bekunden geschieht dies meist aus Gründen der Arbeitssicherheit. Drogentests im Bewerbungsverfahren können jedoch eine falsche Sicherheit vortäuschen. Zum einen bleibt die Verantwortung, die Arbeitssicherheit im laufenden Beschäftigungsverhältnis zu gewährleisten, bestehen und jederzeit sicherzustellen, dass Beschäftigte für die jeweilige Tätigkeit geeignet sind, ohne sich und andere durch berauschende Mittel oder riskantes Verhalten zu gefährden. Ein weit größeres Risiko für die Arbeitssicherheit stellt aber Alkoholkonsum oder die Einnahme von Wahrnehmung und Reaktion verändernden Medikamenten dar, die wesentlich häufiger im Betrieb vorkommen als der Konsum illegaler Substanzen. In der Wahrnehmung, ab wann eine Person ein Alkohol- oder Medikamentenproblem hat, liegt die Schwelle relativ hoch. Risiken für die Arbeitssicherheit können dadurch leicht übersehen werden. Um riskanten Substanzkonsum zu erkennen und angemessene Schritte einzuleiten, sind Schulungen für Führungskräfte wirksamer als generelle Tests. Und viele Maßnahmen der Prävention, von der Aufklärung über Substanzen, deren Wirkungen und Risiken bis zur Vereinbarung von Punktnüchternheit im Betrieb, sind zielführender.

Drogentests können die Gefahr überzogener Sanktionen bergen. Es ist inzwischen hinreichend belegt, dass Probierkonsum von beispielsweise Cannabis, unter jungen Menschen häufig ein vorübergehendes Verhalten ist. Die Nichtberücksichtigung bei einer Neueinstellung oder die Einleitung eines Kündigungsverfahrens aufgrund eines positiven Testergebnisses stellt möglicherweise eine unverhältnismäßige harte Reaktion auf einen einmaligen oder gelegentlichen Konsum dar. Im Sinne der Prävention können sich Tests gegenteilig auswirken. Der Verlust des Arbeitsplatzes kann den Konsum legaler und illegaler Suchtmittel noch verstärken, zusätzliche Probleme im sozialen Bereich können folgen. Steht bei verantwortungsvoller Personalführung der Mensch im Mittelpunkt, sind bei Auffälligkeiten zunächst auch hier Hilfeangebote in Verbindung mit einem Stufengespräch angebracht. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass Tests und Kontrollen den Erfolg anderer Maßnahmen der Präventionsprogramme untergraben können, da viel Vertrauen verloren geht und das Betriebsklima gestört werden kann.

Für eine verhaltensbedingte Kündigung auf Grund von Alkohol- oder Drogeneinfluss am Arbeitsplatz reicht ein Verdacht nicht aus. Die Beweislast liegt beim Arbeitgebenden. Um Alkohol- bzw. Drogeneinfluss objektiv festzustellen, möchten einige Arbeitgebenden daher Alkohol- bzw. Drogentests anordnen. Der Einsatz von Tests stellt jedoch einen Eingriff in Grundrechte des Arbeitnehmenden dar und kann deshalb immer nur freiwillig erfolgen. Eine Blutprobe, die im Auftrag des Arbeitgebenden z. B. von einem Werksarzt oder eine Werksärztin durchgeführt wird, verletzt das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (GG Art. 2 Abs. 2). Andere Tests (Atemalkohol-, Urin- oder andere Drogentests) stellen Eingriffe in die Persönlichkeitssphäre dar (GG Art. 2 Abs. 1). Es ist deshalb nicht zulässig, einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin zu einem Test zu verpflichten. Auch dann nicht, wenn entsprechende Vereinbarungen in einer Betriebs-/Dienstvereinbarung festgeschrieben sind. Ob ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin einem Test zustimmt, unterliegt somit seiner bzw. ihrer Entscheidung. Beschäftigte können einem Test wohl zur eigenen Entlastung zustimmen. Verweigert er oder sie diesen darf aber nicht automatisch auf eine Beeinflussung durch Rauschmittel und daraus entstehende Unfallgefahr geschlossen werden. Es sind immer die konkreten Auffälligkeiten und Ausfallerscheinungen ausschlaggebend.

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Das Expert:innenkomitee für Ethikfragen und Berufsstandards der Pompidou-Gruppe des Europarates hat in einer Publikation (PDF) die Haltung des Komitees zur Durchführung von Drogentests in Schulen und am Arbeitsplatz veröffentlicht. Hinsichtlich von Drogentests am Arbeitsplatz und bei der Anstellung sieht das Expert:innenkomitee weitreichende ethische Einwände, die der Durchführung von Drogentests widersprechen.

In der Argumentation führt das Komitee an, dass nicht nur Alkohol- oder Drogeneinfluss dazu führen können, dass Arbeitnehmende nicht in der Lage sind, bestimmte Tätigkeiten gefahrlos (für sich und für Dritte) auszuüben. Gemäß dem Vorsorgeprinzip sei eine Überprüfung auf Alkohol- oder Drogeneinfluss somit ungenügend. Die Feststellung, ob Arbeitnehmende an einem fraglichen Tag in optimaler Verfassung sind, die zugewiesene Tätigkeit auszuüben, wäre demnach angemessen. Es gibt jedoch keine internationalen Regelungen zur Beurteilung der momentanen Arbeitseignung. Wird die momentane Arbeitsfähigkeit in Frage gestellt, so sollte dies nach Ansicht des Komitees durch einen Arbeitsmediziner bzw. eine Arbeitsmedizinerin beurteilt werden. Die rechtliche Grundlage für die Feststellung der Eignung für die Tätigkeit bieten bei uns die Vorschriften der Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV Vorschrift 1 § 7) Gründe für eine etwaige Arbeitsunfähigkeit müssten dann vertraulich behandelt werden. 

Speziell hinsichtlich von Tests bei Anstellungen führt das Komitee an, dass positive Testergebnisse, resultierend aus einmaligem oder gelegentlichem Drogenkonsum oder gar regelmäßigem Alkoholkonsum, keine Rückschlüsse zulassen, ob Bewerbende deshalb jemals unter direktem Drogen- oder Alkoholeinfluss zur Arbeit erscheinen. Dem wäre hinzuzufügen, dass genannte Testresultate schon gar keine Rückschlüsse auf eine etwaige Abhängigkeitserkrankung zulassen. Während selbst regelmäßiger Alkoholkonsum in der Freizeit toleriert wird, solange er sich nicht am Arbeitsplatz auswirkt, wird durch jede Art von Konsum illegaler Drogen die Einschätzung verstärkt, diese Person sei nicht für die gefragte Tätigkeit geeignet. 

Auch, dass der Ausschluss von Bewerbenden mit positivem Testergebnis aus der Perspektive der Prävention nicht förderlich, sondern sogar gegenläufig sein kann, führt das Komitee in seiner Argumentation an. 

Generell müsste die Verweigerung eines freiwilligen Tests akzeptiert werden. Faktisch aber werden Arbeitgebende eine Stelle in solchen Situationen eher mit einem oder einer anderen Bewerber oder Bewerberin besetzen. Und Beschäftigte werden sich auch immer wieder auf Tests einlassen, wenn sie befürchten müssen sonst ihre Stelle zu verlieren. Das von den Grundrechten abgeleitete Prinzip der Freiwilligkeit von Tests ist dadurch nicht wirklich gewährleistet. 

Aus den beschriebenen Gründen folgert das Komitee schließlich, dass generelle Drogentests bei der Einstellung verboten sein sollten, um die Ethikgrundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention einzuhalten.

Der Argumentation des Komitees lässt sich noch hinzufügen, dass Haar-, Urin- oder Blut-Proben auf weitere gesundheitliche Einschränkungen und genetische Dispositionen überprüfbar sind. Dies ist rechtlich nicht zulässig, zumindest theoretisch aber möglich. Neben ethischen Bedenken sind dadurch wiederum weitreichende rechtliche Fragen berührt.

Literaturempfehlungen

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (2022) 
Qualitätsstandards in der betrieblichen Suchtprävention und Suchthilfe der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS): Ein Handbuch für die Praxis.
Hamm.
Online Verfügbar: Link zum PDF

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (2020) 
Suchtprobleme am Arbeitsplatz. Eine Praxishilfe für Personalverantwortliche 
Hamm.
Online Verfügbar:  Link zum PDF

Rehwald, R. et al. (2012)
Betriebliche Suchtprävention und Suchthilfe. Ein Ratgeber.
2., überarb. und aktualisierte Auflage.
Frankfurt am Main: Bund-Verlag.