
Behandlung und Rehabilitation
In Deutschland gibt es ein umfassendes System der ambulanten und stationären Suchtbehandlung und -rehabilitation.
Um eine Abhängigkeitserkrankung zu überwinden, benötigen Betroffene in der Regel professionelle Hilfe. Daher ist es empfehlenswert, seitens des Betriebs einen guten Kontakt zu externen Beratungs- und Behandlungseinrichtungen aufzubauen und zu pflegen.
Allgemein wird die Behandlung einer Abhängigkeitserkrankung in vier Phasen eingeteilt:
- Kontakt- und Motivationsphase
- Entzugsphase
- Entwöhnungsphase
- Nachsorgephase
Während der Kontakt- und Motivationsphase entsteht und festigt sich in Beratungsgesprächen die Motivation des oder der Betroffenen, medizinische, psychische und soziale Hilfeangebote anzunehmen. Dieser Phase kommt in der betrieblichen Suchtprävention und Suchthilfe eine besondere Rolle zu: In der betriebliche Beratung werden Betroffene auf geeignete Angebote des Suchthilfesystems (z. B. Suchtberatungsstellen) hingewiesen. Auch Empfehlungen zur Aufnahme einer Therapie in einer Behandlungseinrichtung können ausgesprochen werden. Im Rahmen des Stufenverfahrens kann die Nicht-Aufnahme einer fachlich empfohlenen Therapie in Verbindung mit fortgesetzten Auffälligkeiten zu einer negativen Prognose beitragen, die sich arbeits- oder dienstrechtlich nachteilig auswirkt. Auf der anderen Seite ist ein konsequentes betriebliches Vorgehen für Personen mit missbräuchlichem oder abhängigem Konsum oder Verhalten oftmals ausschlaggebend dafür, sich in Behandlung zu begeben, um daran mitzuwirken, die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen und den Arbeitsplatz zu erhalten.
In der Entzugsphase wird unter medizinischer Betreuung eine Entgiftung durchgeführt. Im „qualifizierten Entzug“ kommen verschiedene therapeutische Ansätze in einem multiprofessionellen Team von Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Berufsgruppen (z. B. Ärzten und Ärztinnen, Psychotherapeuten und -therapeutinnen und Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen) zum Einsatz. Dabei muss die Behandlung jeweils individuell auf die Patienten und Patientinnen zugeschnitten sein. Diese Phase dauert in der Regel zwischen zwei und sechs Wochen.
Während der Entwöhnungsphase soll die durch die Entgiftung erreichte Abstinenz stabilisiert und die Abhängigkeit langfristig überwunden werden. Entwöhnungsbehandlungen können ambulant, teilstationär oder stationär durchgeführt werden. Die Behandlungszeiträume umfassen in der Regel
- für eine stationäre Entwöhnung 12 bis 16 Wochen,
- für Kurzzeittherapien 3 bis 6 Wochen (je nach medizinischer Notwendigkeit im Einzelfall),
- für ambulante Therapien in Beratungs- und Behandlungszentren 5 bis 18 Monate.
Mit medizinischer Rehabilitation werden Therapien und Maßnahmen bezeichnet, die in der Entwöhnungsphase durchgeführt werden.
„Ziele der medizinischen Rehabilitation sind:
- Abstinenz zu erreichen und zu erhalten,
- körperliche und seelische Störungen weitgehend zu beheben oder auszugleichen,
- die Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft möglichst dauerhaft zu erhalten bzw. zu erreichen.“
Quelle: DRV Bund (2013) Rehabilitation - Vereinbarungen im Suchtbereich. Gemeinsamer Leitfaden der Deutschen Rentenversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung zur Erstellung und Prüfung von Konzepten ambulanter, ganztägig ambulanter und stationärer Einrichtungen zur medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker. (23.9.2011), 2. Auflage, Berlin
Durch Betreuung in der Nachsorge, u.a. in Selbsthilfe- und ambulant betreuten Wohngruppen, werden Menschen nach einer stationären Therapie unterstützt. Ziel ist es abstinent zu bleiben.
Die Wiedereingliederung – auch in das Arbeitsleben – spielt teilweise schon während der Entwöhnung und spätestens bei Wiederaufnahme der Arbeit eine wichtige Rolle.
In Deutschland gibt es zahlreiche verschiedene therapeutische Angebote, mit deren Hilfe Menschen eine Abhängigkeitserkrankung überwinden können. Es gibt
- ambulante Dienste,
- stationäre (psychiatrische) Einrichtungen und Kliniken,
- niedrigschwellige Einrichtungen zur Erleichterung des Kontaktes zum Hilfesystem,
- Selbsthilfegruppen und
- Wohngruppen der Nachsorge für Menschen, die ihre Sucht bereits überwunden haben und Unterstützung auf dem Weg zurück in die Gesellschaft in Anspruch nehmen wollen.
Neben ambulanter und stationärer Behandlung gibt es auch Mischformen, wie teilstationäre Behandlung und Kombi-Therapien.
Während einer ambulanten Behandlung können Betroffene weiterhin in ihrem sozialen Umfeld wohnen bleiben. Dadurch können Kontakte zum Freundeskreis und zu Angehörigen auch therapeutisch genutzt werden. Die Alltagsbedingungen der Betroffenen können in die Therapie mit einbezogen werden. Dazu gehören die Nähe zum beruflichem Umfeld und zum Arbeitsplatz. Im ambulanten Setting wird die Aufrechterhaltung der Selbstständigkeit und Eigenverantwortung während der therapeutischen Behandlung gewährleistet. Dazu kann auch eine Fortführung der beruflichen Tätigkeit gehören. Ambulante Nachsorge kann an eine ambulante Therapie anschließen.
Um eine stationäre Behandlung durchzuführen, begeben sich Betroffene in eine entsprechende Einrichtung, z. B. in eine Fachklinik oder Fachabteilung eines Krankenhauses. Die Entzugsbehandlung wird bei Personen mit einer Abhängigkeitserkrankung in der Regel stationär durchgeführt. Auch die Entwöhnung kann in einem stationären Setting erfolgen, wenn ein intensiveres Maß an Betreuung notwendig ist, eine Eigenständigkeit fraglich oder das soziale Umfeld ein mögliches Risiko für Rückfälle birgt.
Bei einer Kombi-Therapie wird die Behandlung zunächst stationär durchgeführt, ab einem geeigneten Zeitpunkt aber ambulant weitergeführt. Sie kommt vor allem in Betracht, wenn eine Kurzzeittherapie im stationären Setting eine geeignete Maßnahme darstellt. Dadurch können Betroffene schneller wieder in ihr soziales Umfeld zurückkehren. Ein intaktes soziales und berufliches Umfeld kann zudem in eine anschließende ambulante Behandlung eingebunden werden.
Im Suchthilfeverzeichnis der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen sind aktuell über 2000 Einrichtungen gelistet.
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